Linksverkehr ist eigentlich ganz einfach: man muss nur den Rechtsverkehr durch den Spiegel betrachten. Die Autos fahren links, ein Kreisverkehr dreht im Uhrzeigersinn und man überholt rechts. Das ist die Theorie. In der Praxis ist das dann doch etwas komplizierter.
Jeder, der nach Grossbritannien oder Irland reist, wird die Auswirkungen des Linksverkehrs unmittelbar erleben. Dazu muss man kein Autofahrer sein, es reicht schon, die Strasse zu überqueren: die alte Regel, welche man als Kind gelernt hat "erst links schauen, dann rechts" funktioniert nicht mehr, denn es ist genau umgekehrt. Und wenn man sich die Kurzversion antut "links schauen und schon mal auf die Fahrbahn treten" kann das böse enden.
Kurz gesagt: die lange antrainierten Instinkte und Gewohnheiten funktionieren nicht mehr. Das gilt beim Autofahren wie beim zu Fuss gehen, und man muss sich manchmal schon konzentrieren, um nicht in gefährliche Situationen zu geraten. Kein Wunder also, dass in London und Dublin die Gehwege mit den Hinweisen "look left" oder "look right" versehen sind.
Autofahren ist dann noch eine Spur anspruchsvoller. Ich habe nicht wenige Bekannte, die nie mit dem Auto nach Grossbritannien fahren würden, und nur wegen dem Linksverkehr. Das ist schade, denn so schwierig ist es auch wieder nicht.
Man kann sich mental auf die Situation vorbereiten. Wichtig ist, dass man sich klar macht, was Auswirkungen das seitenverkehrte Fahren hat: Linksabbiegen bedeutet direkt links weg, ohne dass man den Gegenverkehr berücksichtigen muss. Rechts abbiegen dagegen geht über die entgegengesetzte Fahrbahn, d.h. man muss den Gegenverkehr beachten, und dann in die linke Spur abbiegen.
Wenn man sich derartige Situationen im Voraus mal durchdenkt, wird die Sache dann bei der Ausführung einfacher. Man muss einfach im Hinterkopf behalten, dass man nicht einfach drauflosfahren und sich auf seine Gewohnheiten verlassen kann. Trotzdem sollte man das nicht zu ängstlich sehen, denn es ist machbar, im laufenden Verkehr merkt man schnell, wo man fahren muss. Wichtig ist, dass man mit voller Aufmerksamkeit fährt.
Letzendlich ist das Fahren im Linksverkehr Übungssache. Wenn man ein paar Tage in GB oder Irland gefahren ist, kommt man schnell rein in die seitenverkehrte Autowelt. Am besten zum Üben am Anfang sind die Autobahnen und Schnellstrassen, diese sind recht unkompliziert und man findet sich schnell zurecht. Es ist auch etwas einfacher, wenn der Verkehr dicht ist, denn dann kann man immer anderen Autos hinterherfahren.
Eine Möglichkeit, sich ständig bewusst zu machen, dass man auf der anderen Seite fährt, ist sich einen Mietwagen auf der Insel zu nehmen. Da sitzt der Fahrer rechts und muss mit links schalten, was einem immer wieder an den Linksverkehr erinnert. Dies hat auch den Vorteil, dass man besser sieht wenn man z.B. einem LKW oder einem Traktor hinterherfährt, denn mit einem "kontinentalen" Auto sitzt man auf der falschen Seite und kann nur in langgezogenen Kurven überholen, wenn man nach vorne sehen kann.
Ein weiterer Vorteil ist, dass man beim Parken oder beim Bezahlen von "Toll" (Maut) auf der richtigen Seite sitzt, vor allem wenn man alleine unterwegs ist. Ich habe da meine 1-Pfund-Münze schon beim Versuch, diese der Dame im Häuschen zu geben, in der Türverkleidung versenkt, und einmal bin ich einfach ausgestiegen und ums Auto rumgelaufen, was dann verwunderte (und leicht amüsierte) Blicke auslöste.
Umgekehrt hat man natürlich mit dem eigenen Auto den Vorteil, sich nicht an das veränderte Auto gewöhnen zu müssen, man kann sich voll auf das Fahren konzentrieren.
Am Ende muss das jeder für sich entscheiden, welche Variante besser ist. Es hängt natürlich auch von der Reiseplanung ab, wenn man mit mehreren Leuten oder der Familie unterwegs ist, ist die Anreise mit dem eigenen Auto wohl billiger als mehrere Flug- oder Bahntickets.
Übrigens: Britische Autos sind nicht seitenverkehrt, sonder nur versetzt gebaut. Soll heissen: Gas ist rechts, Kupplung links, der Zündschlüssel ist rechts und der Blinker links. Es ist also nur der Sitz (und folglich die Position der Schaltung), welcher auf der anderen Seite ist. Ich erwähne das, weil ich das schon oft gefragt worden bin.
Die Verkehrsregeln in GB sind den kontinentalen in weiten Teilen sehr ähnlich, und auch die Schilder sind mehr oder weniger die gleichen. Trotzdem gibt es (abgesehen vom Linksverkehr) einige kleine aber feine Differenzen
Im Gegensatz zu Deutschland ist es nicht nur nicht verboten, vor dem Einbiegen in den Kreisverkehr zu blinken, sondern ausdrücklich gefordert. Dies macht auch Sinn, denn man weiss wo der Vordermann hin will und wie er im Kreisel fahren wird.
Grosse Kreisverkehre haben mehrere Spuren, auf denen man in den Kreisverkehr einbiegen kann. Hier ist es wichtig, die richtige Spur zur Einfahrt zu wählen. Meist sagt ein Schild, welche Spur wohin führt; in der Regel ist es aber so, dass man bei Linksabbiegen (also erste Ausfahrt) sich in die linke Spur begeben soll;rechts abbiegen erfolgt demnach von der rechten Spur aus. Geradeaus kann man bei zweispuriger Einfahrt in beiden Spuren fahren.
Prinzipiell hat der Verkehr im Kreisel Vorfahrt. Das ist nichts neues, hat aber eine andere Auswirkung: es gibt "Roundabouts", die nur aus einem auf der Kreuzung aufgemalten weissen Kreis bestehen. In diesem Fall hat prinzipiell der Verkehr von rechts Vorfahrt, d.h. es gilt rechts vor links. Aber auch nur da!
In einem grossen Kreisel wird man feststellen, dass die Spuren nicht parallel zum Kreiselrand laufen, sondern spiralförmig nach aussen. Dies hat den Sinn, den Verkehr auf die gewünschte Ausfahrt zu leiten, die dann auch auf die Spur aufgemalt ist (z.B. "M1 South"). Wenn man in dieser Spur bleibt, kommt man automatisch auf die richtige Ausfahrt. Ansonsten ordnet man sich vor der gewünschten Ausfahrt nach links ein und blinkt.
Prinzipiell haben die durchgehenden Strassen Vorfahrt, d.h. an einem T-Stück ist die durchgehende Strasse diejenige mit Vorfahrt. Wenn man die Vorfahrt beachten muss ("give way"), ist meist eine doppelte gestrichelte Linie am Ende der Fahrbahn das Zeichen dafür. Zumeist ist noch ein stilisiertes "Vorfahrt beachten"-Zeichen als weisses auf dem Kopf stehendes Dreieck auf die Fahrbahn gemalt. Diese Zeichen muss man unbedingt beachten, denn es werden keine Schilder an solchen Kreuzungen aufgestellt.
In Grossbritannien und Irland sind die Geschwindigkeiten in Meilen pro Stunde (Mph) statt in Km/h angegeben. Daher sollte man ungefähr wissen, wie man Meilen in Km umrechnet (1 Meile = 1,6 Km)
10 Mph = 16 Km/h
20 Mph = 32 Km/h
30 Mph = 48 Km/h
40 Mph = 64 Km/h
50 Mph = 80 Km/h
60 Mph = 96 Km/h
70 Mph = 112 Km/h
80 Mph = 128 Km/h
Falls nicht anders angegeben, gelten innerorts 30 Mph, also 48 Km/h als maximale Geschwindigkeit. Innerorts ist im Gegensatz zu Deutschland nicht zwischen den Ortsschildern, sondern in einem bebauten Gebiet mit Strassenbeleuchtung.
Auf Landstrassen gelten dagegen 60 Mph (96 Km/h) bei einspuriger Verkehrsführung und 70 Mph (112 Km/h) bei mehrspuriger Verkehrsführung und auf Autobahnen (Motorways). Diese Angaben gelten für einen normalen PKW oder ein Motorrad.
Wer auf den Motorways in GB unterwegs ist, wird feststellen, dass sich wenige genau an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten. Dies ist eigentlich verwunderlich, denn ein Strafzettel wegen zu schnellem Fahren muss an die Versicherung gemeldet werden, und bei Wiederholung geht die Versicherungsprämie rauf (wie auch bei anderen Verstössen). So etwas ist bei uns (noch?) undenkbar.